Q&A with Frau Dr. Achenbach - Part2Gallery, Düsseldorf - December 9, 2023
Sie kommen aus dem Norden Kanadas und leben in Deutschland. Wie kam es zu dem Kontinentalwechsel und was ist Ihrer Meinung nach der größte kulturelle Unterschied?
Ich kam im Jahr 2010 für einen Monat von Vancouver nach Berlin, um einige Radierungen zu machen und bin nun schon 13 Jahre geblieben. Der Hauptgrund ist, dass ich in der ersten Woche meine jetzige Frau Doris und ihre 3 Töchter kennengelernt habe und wir zu einer Familie zusammengewachsen sind.
Aus Sicht eines Künstlers gibt es viele Unterschiede zwischen Vancouver und Berlin. Einer der Gründe, warum Berlin auf meiner Wunschliste stand, war die Infrastruktur, die Berlin für das künstlerische Arbeiten anbietet. Deshalb führte mich mein erster Weg auch in die Druckwerkstatt des Berufsverbandes Bildender Künstler. Die Werkstätten dort und auch die Werkstätten für Bildhauer gehören zu den besten, die ich soweit kennengelernt habe. Programme zur Unterstützung von Künstlern sind in Nordamerika eher unbekannt. Sie spiegeln den Stellenwert wider, den Kunst und Kultur in der deutschen Gesellschaft haben. Dass so viele Deutsche mir sehr nachdenkliche und oft tiefgründige Kommentare zu meinen Arbeiten geben, hängt sicher damit zusammen. Die Meinung der Menschen zu meinen Bildern und Skulpturen ist ein wichtiger Teil meiner Arbeit. Ich finde es sehr wertvoll zu hören, wie die Botschaft meiner Werke wahrgenommen wird. Auch Menschen, die nicht in der Kunst tätig sind, haben in der Regel einen Standpunkt und in Deutschland bringen die Leute diesen sehr klar, gut begründet und manchmal auch kritisch zum Ausdruck. In Vancouver ist mir dieser direkte Kontakt zu meiner Kunst nicht so oft begegnet. Die Gesellschaft ist mehr auf Sport und Natur konzentriert, das Bewußtsein für den Wert von Kultur ist nicht so in der Gesellschaft verankert.
Ein Schwerpunkt Ihrer aktuellen Bilder liegt auf Stadtlandschaften - Straßen, Hallen, Cafés. Was fasziniert Sie an diesen Motiven?
Ich wurde in Whitehorse ganz im Norden Kanadas geboren. Whitehorse ist die Hauptstadt des Territory Yukon, es hatte damals gerade einmal 5.000 Einwohner. Später zogen wir nach Penticton, eine kleine Stadt im Süden Kanadas. Die Weite des Landes macht das Lebensgefühl der Menschen hier aus.
Ich bin aber schon in meinen frühen Zwanzigern viel in der Welt herumgereist und habe von da an meist in großen Städten gelebt, den Blick von außen habe ich mir aber bewahrt.
Ich denke, dass die Stadt eine natürliche Entwicklung menschlicher Aktivitäten ist, und widerspreche der Vorstellung, dass die Stadt im Gegensatz zur Natur steht. Diesen Aspekt will ich mit meinen Radierungen und Gemälden zum Ausdruck bringen. Stadtlandschaften und urbane Aktivitäten und ihr Verhältnis zur Natur sowie Bewegung im Generellen sind die großen Themen in meinen Arbeiten.
Meine Lebenswelt ist der Ausgangspunkt für die Wahl meiner Motive. Ich interpretiere sie auf eine expressionistische Weise, das heißt, dass ich die Orte in der Darstellung erst dekonstruiere, um sie in einer künstlerischen, in meiner eigenen Perspektive aufs Papier zu bringen.
Die Arbeiten stehen als Kompositionen für sich selbst und sind in der abstrakten, expressionistischen Tradition der Aktionsmalerei zu verorten. Die Ideen von Hans Hoffman und seine Lehre haben einen starken Einfluss auf die Entwicklung meines persönlichen Stils gehabt.
Können Sie Ihre ganz spezielle Maltechnik erklären und wie Sie sie entwickelt haben?
Die Dekonstruktion der Motive ist Grundlage meiner Herangehensweise an ein neues Gemälde. Für viele der Arbeiten, die Sie hier sehen, habe ich eine Maltechnik angewendet, die ich aus mehreren Komponenten entwickelt habe. Ich arbeite seit meinem Studium an der New Yorker Art Students League viel mit wasserlöslichen Pigmenten auf Baumwollpapier. In Berlin habe ich begonnen, Elemente aus der Radierung zu integrieren. Ich benutze ölhaltige Radiertiente, um auf Plexiglas die Farbkonturen und markanten Felder mit groben Werkzeugen zu zeichnen. Später übertrage ich diese Farbstruktur auf ein hauchdünnes Papier, das ich im letzten Arbeitsschritt, nachdem es auf Leinwand montiert wurde, mit Wasserfarben finalisiere. Ich finde, dass diese Optik auf keine andere Weise zu erzielen ist.